In Rekordzeit auf 7000 Meter

Benedikt Böhm und Bergführer Prakash Sherpa besteigen den Spantik in Pakistan.

7000 Höhenmeter, gähnende Gletscherspalten, viel zu wenig Zeit und eine Lungeninfektion. Benedikt Böhm, Geschäftsführer der Sportmarke Dynafit, kam in Pakistan an seine Grenzen. Der Extrem-Skibergsteiger berichtet den OVB-Heimatzeitungen exklusiv, was er auf seiner lebensgefährlichen Tour erlebte.

von Korbinian Sautter

Kiefersfelden/Pakistan – Es ist stockfinster, der Schnee knirscht unter den Skiern und außer dem eigenen, angestrengten Keuchen ist nichts zu hören. Durch schwere Tiefschnee-Passagen kämpfen sich zwei Gestalten entlang des Abhangs des Spantik, eines 7027 Meter hohen Berges in Pakistan. Kilometerweit um sie herum ist niemand zu sehen.

Freier Fall in Gletscherspalte

Plötzlich bricht der Boden unter den Tourenski auf und einer der beiden Bergsteiger stürzt in die Tiefe. „In diesem Moment habe ich richtig Schwein gehabt“, sagt Benedikt Böhm, Extremsportler und Geschäftsführer der Sportmodemarke Dynafit. Zusammen mit dem nepalesischen Bergführer Prakash Sherpa besteigt er zu Fuß und mit den Skiern den 7000er. Und hat bei der Abfahrt Glück, davon überhaupt noch berichten zu können. „Ich bin auf einem Schnee-Balkon aufgekommen“, sagt er. Nach einem doppelten Salto macht sich Böhm auf einen harten Aufprall gefasst. Doch ein kleiner Vorsprung inmitten des Abgrunds rettet ihm das Leben. Unverletzt klettert der Extremsportler aus der Spalte, er kann weiterfahren.

Nicht nur in diesem Moment stand die kurzfristig geplante Expedition auf der Kippe. Nur wenige Wochen vor der Eröffnung des neuen Firmensitzes in Kiefersfelden wollte Dynafit-Chef Benedikt Böhm noch einmal seiner großen Leidenschaft nachgehen. Sein Ziel: Innerhalb von zwei Wochen nach Pakistan reisen, über das Basecamp und zwei weitere Lager hinauf auf den Gipfel und mit den Skiern wieder abfahren.

Für die meisten „Normalsterblichen“ ein Ding der Unmöglichkeit. Benedikt Böhm und Prakash Sherpa treffen im Basislager eine deutsche Gruppe, die sich für die Tour fünf Wochen Zeit genommen hat. „Das ist eigentlich der Standard“, sagt Böhm. Doch die beiden hatten nur 14 Tage zur Verfügung. Planung, Akklimatisierung, An- und Abreise mussten daher „mit Vollgas“ vonstattengehen.  Im August brachen die beiden Sportler zu ihrer Expedition auf, von Islamabad ging es mit dem Flieger weiter in die Stadt Skardu. Mit dem Jeep fuhren sie anschließend nach Arando und von dort ins Basislager am Fuß des Berges.

Auf halbem Weg bekommt Böhm eine Lungeninfektion. „Drei Tage bin ich komplett tot“, beschreibt Böhm. Zum ersten Mal in seinem Leben nimmt er Antibiotika. Sportliche Höchstleistungen scheinen ausgeschlossen. Erst einen Tag vor dem geplanten Aufstieg geht es dem 47-Jährigen besser. Die Entscheidung „Wir setzen alles auf eine Karte“.

In qualvollen Stunden geht es zum ersten Lager, Akklimatisieren fällt so gut wie aus. Schon am nächsten Tag steigen die beiden auf 5500 Meter Höhe zum zweiten und letzten Lager vor dem Gipfel. Kurze Pause, möglichst viel Wasser aufkochen, einmal durchschnaufen. Dann geht es mit den Skiern siebeneinhalb Stunden lang bis nach oben. Um 5.30 Uhr erreichen Sherpa und Böhm die Spitze des Spantik. Auch hier brauchen selbst gute Bergsteiger deutlich länger. Für den Aufstieg über die drei Lager zum Gipfel wird von Reiseunternehmen rund 18 Tage veranschlagt. Sherpa und Böhm brauchen nicht mal drei.

Trotz der Widrigkeiten erreichen die beiden den Gipfel. Eine Pause bedeutet das nicht. In wenigen Stunden geht es zurück zum Basecamp. Steile Abhänge und die zahlreichen Gletscherspalten machen den Berg gefährlicher, als er laut Böhm eigentlich ist. „Der Klimawandel macht sich bemerkbar. Die Gletscher kollabieren und es friert bis 6000 Höhenmeter nicht mehr durch“, erklärt der Extrembergsteiger.

Doch mit viel Glück und dem rettenden Schnee-Balkon kommen beide noch am selben Tag wieder am Basislager an. Noch immer ist an Ausruhen nicht zu denken. Nach ein paar Stunden Schlaf geht es um 4 Uhr nachts und über 45 Kilometer bis Arando – alles zu Fuß und an einem Stück durchgelaufen. Von dort fahren Böhm und Sherpa mit dem Jeep zurück nach Skardu. Sie sind am Ende ihrer Kräfte.

Intensive Grenzerfahrung

14 Tage für einen 7000er. „Das hätte ich mir früher niemals zugetraut“, meint Benedikt Böhm, der über die Jahre viel Erfahrung mit solchen Touren gesammelt hat. Doch die Arbeit rund um die Eröffnung des Dynafit-Gebäudes ließ ihm diesmal kaum Zeit. Nach der intensiven Grenzerfahrung kehrte Böhm nach Deutschland zurück. Denn am 19. September wird schon das neue Dynafit-Hauptquartier in Kiefersfelden eröffnet. „Es gibt noch eine Menge zu tun“, sagt der Geschäftsführer.

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